MOZART in AMADEUS von Peter Shaffer, Kreuzgangspiele Feuchtwangen 2006 • Ronald Schober
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MOZART in AMADEUS von Peter Shaffer, Kreuzgangspiele Feuchtwangen 2006

Der ausgebremste Rokoko-Lümmel

 

Urs Häberli inszeniert mit Understatement –

(…) Noch dazu ist es ein abgefeimt gut gemachtes Stück. Alles drin was einem Sommerabend Spannung, Unterhaltung und sogar ein bisschen Rührung garantiert: Liebe, Leidenschaft, Intrigen, Witz, Genie und Wahnsinn und der frühe Tod des Helden obendrein. Na, wenn das kein Publikumserfolg wird, liegt´s an eingebildeter Mozart-Ermattung.

Regisseur Urs Häberli und das Ensemble tun aber alles dafür, dass einem wieder amadeisch froh und munter wird. (…)  Häberli inszeniert das Stück geschmeidig, präzise und mit schönem Understatement. Sogar das, was an Kostüm-Schauwerten in dieser Produktion steckt – Anke Drewes hat sich von der mehrgeschossigen Perücke bis hin zu Dutzenden von augenweidenmäßig geschneiderten Nobeltextilien einiges einfallen lassen – das alles wird mit vollkommener Selbstverständlichkeit getragen. Die Dinge spielen mit, weil sie zur Epoche gehören, sie werden aber nicht ausgestellt. Thomas Dörfler hat sein Bühnenbild mit ein paar Kniffen vom Schinderhannes-Hunsrück nach Wien verschoben und neutralisiert so von vornherein allzu klösterliche Anwandlungen. Dass die sich einstellen, das verhindert sowieso der Titelheld.

Ronald Schober holt aus dem den kreischenden Kindskopf heraus, den bubenhaften Widerborst, den frechen Motz-Artisten. Er kann ihm aber auch männlichen Ernst geben oder ihn, noch eindrucksvoller, wie einen reinen Toren herumirren lassen; da ist der Amadeus auf einmal ein naher Verwandter unseres lieben Kaspar Hausers: eine exterritoriale Gestalt. (…)

Das Stück hat einen heimlichen Helden, Amadeus’ rabenschwarzen Widersacher, Antonio Salieri. Sven Schöcker gönnt ihm die melancholische Größe eines großen Mittelmäßigen, setzt ihn zusammen aus gebrochenen Harmonien, flirrenden Übergängen und der unerhörten Sehnsucht, Musik zu schreiben, wie sie dem flegelhaften Mozart nur so zufliegt. Dass Salieri behauptet, den Konkurrenten vergiftet zu haben, ist nur sein letzter, irrer Trick, um ein Zipfelchen von Mozarts Ruhm zu fassen. Genug Hass für einen Mord hat Schöckers Salieri nicht. Gut so.

Fränkische Landeszeitung vom 23. Juni 2006 von Thomas Wirth

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